kowald + ort

Im Jahr 1994, dem Jahr seines 50. Geburtstages, beschloss Peter Kowald, einmal alles ganz anders zu machen: Er, der Rastlose, der musikalische Weltreisende, blieb ein ganzes Jahr lang zuhause in Wuppertal und benutzte kein anderes Verkehrsmittel

als sein dreirädriges Fahrrad. Damals sah man ihn durchs Viertel radeln, den Bass auf den Rücken geschnallt: 365 Tage am Ort. Es war keine künstlerische Auszeit – im Gegenteil…

 

...Wenn Kowald nicht in die Welt ging, so kam die Welt zu ihm. Ein Jahr lang machte er den ort in der Luisenstraße 116 zum künstlerischen Kraftzentrum, zum Ort ebenso internationaler wie nachbarschaftlicher Begegnungen zwischen Musikern, Tänzern,

Malern, Dichtern, Denkern und Zuschauern. In den Arbeitstreffen des ort-Ensembles fanden Woche für Woche zwischen acht und zwanzig improvisierende Musiker zusammen. Was zählte, war nicht das Ergebnis im Sinne einer festzuschreibenden Form sondern jener lebendige Prozess, in dem Grenzen ausgelotet und erweitert werden und Neues entstehen kann.

 

Mit seiner Energie, seiner Neugier und Kreativität war Peter Kowald Ideengeber, Motor, Seele des ort-Projektes. Doch hervorgebracht wurde der ort von allen, die sich bereit erklärten, ihn hervorzubringen und mit Leben zu füllen: ein organisch-

künstlerisch-musikalisches Gebilde, eine "soziale Plastik".

 

Am 2. Dezember 2002 versammelten sich in Peter Kowalds ort in der Luisenstraße 116 zehn Personen zur Beschlussfassung über die Gründung des Vereins „Peter Kowald Gesellschaft /Ort e.V.” Zweieinhalb Monate nach Peter Kowalds Tod in New York am 21. September. Seitdem stellt sich der auf rund 100 Mitglieder angewachsene Verein der Herausforderung, den ort im Sinne von Peter Kowald weiterzuführen und mit Leben zu füllen. Mit den Mitteln von improvisierter Musik, Tanz und bildender Kunst, im Dialog mit den Artist-in-Residence-Künstlern aus aller Welt, mit Diskussionsrunden und Filmabenden und mit einem jährlichen kleinen Festival. Das „große Gespräch“, um das es Peter Kowald ging und dass er immer und überall und mit allen Mitteln anzettelte: Wir wollen es weiterführen.